Was ist Native Advertising – und was kann schieflaufen?
Native Advertising ist Online-Werbung, bei der der Absender nicht richtig auf Anhieb erkennbar ist. Für den einen sind es einfach Advertorials, für manche ist es an der Grenze zur Schleichwerbung. Vor allem ist Native Advertising jedoch Performance-Marketing, mit der die Publisher ihre (leeren) Werbeplätze füllen können.
Ist das eine gute oder eine schlechte Idee? Dumm läuft es, wenn man Native Advertising als Clickbait-Schleuder missbraucht, sofern man ein seriöses Geschäft betreibt.
Deshalb gilt: Native Advertising ist eine Möglichkeit, aber es gibt auch gute Alternativen.
Aber starten wir zuerst mit dem Ablauf eines Native-Advertising-Projekts, bevor wir tiefer ins Detail gehen.
Inhalt
- Native Advertising leicht gemacht: 7 Schritte zum Erfolge
- Was ist Native Advertising – und was kann schieflaufen?
- So funktioniert Native Advertising
- Native Advertising: Gute Chancen, wenn man’s richtig macht
- Alternativen zu Native Advertising
- Die Native-Advertising-Erfolgsfaktoren
- Native-Advertising-Fallen: Es ist kein Wundermittel
- Native Ads: CPC oder CPM?
- Fazit
- Kontakt aufnehmen
Native Advertising leicht gemacht: 7 Schritte zum Erfolge
Native Advertising als Teil der Content-Marketing-Strategie kann super funktionieren. Dieses Chart zeigt dir einen 7-Schritte-Workflow für die intelligente Kampagnenplanung auf.
Los geht’s mit der Zielgruppenrecherche: Wer soll deine Botschaften eigentlich sehen? Darauf aufbauend entwickelt man aussagekräftige (Mini-)Personas und spielt deren Customer Journeys durch. So bekommen wir ein Gefühl dafür, an welchen Punkten des Funnels unsere Zielgruppen eigentlich stehen (und für welche Botschaften sie dann empänglich sind)
Dann wird’s sehr konkret: Die Themenrecherche bringt uns auf Ideen für Content, den man auf verschiedene Arten aufbereiten kann (Text, Video, Social… mit psychologischen Hebeln aufbereitet). Passend zum Content wählen wir die passenden Publisher-Plattformen aus (passend zum Budget). Anschließend folgt die Daueraufgabe, nämlich die Performance-Kontrolle – und die führt oft zu (kreativen) Optimierungen.
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So funktioniert Native Advertising
Stock-Foto oder KI-generiertes Foto, reißerische Headline oder kurzer Werbetext in der Schriftart der Website, fertig ist das Native-Advertising-Sujet. Meist kein Logo, aber immer ganz klein das Wort „Anzeige“ und der Name der Native-Advertising-Plattform (z.B. Taboola oder Outbrain oder Twiago). Sieht aus wie der Teaser auf einen Artikel, lockt einen aber oft Affiliate-Marketing-Lead-Generierungs-Websites zweifelhaften Rufs oder chinesische Dropshipping-Heinis.
Besonders oft erscheint Native Advertising auf Nachrichten-Websites, in Apps, auf Portalen von Freemailern und ähnlichen Content-lastigen Publishern.
Werbetreibende nutzen Native Advertising, um Werbebotschaften bzw. Inhalte aktiv einer Vielzahl von möglichen Interessenten anzubieten. Durch die redaktionelle Anmutung der Werbebanner eignet sich Native Advertising nicht sehr gut für den Image-Aufbau, aber sehr gut für den Abverkauf von Produkten und die Lead-Generierung.
Da Werbung ein ungebetener Gast ist und viele Native-Advertising-Werbetreibende – mit Verlaub – Schrott verkaufen wollen, sind die Sujets gern im überlauten, reißerischen Clickbait-Stil gehalten. Also Bauernfängerei. Dummerweise kann das gut zum Medium passen, wenn dieses auch Clickbait liebt und die Mediennutzer gern draufklicken.
Native Advertising: Gute Chancen, wenn man’s richtig macht
Native Ads haben den Vorteil, dass sie nicht so aufdringlich wie Werbung wirken. Sie wirken wie Content, den man auf einer Seite sieht, die man sowieso liebt. Das positive Image des Werbeumfelds – also beispielsweise der Nachrichten-Website wie Spiegel, KStA, Heise etc. – überträgt sich auf die redaktionell wirkende Werbebotschaft. Mit einer interessanten Message kann man User also zum Klicken animieren, indem man sie sozusagen verführt. Diese User würde man auf anderen Werbekanälen nicht bekommen: Wer vor allem News-Sites konsumiert, den erreicht man nur bei den Publishern des Vertrauens des Users – und dann auch nur über die vergleichsweise neutrale Ansprache der User über Native Advertising.
Alternativen zu Native Advertising
- Normales Advertising: Einfach Display-Werbekampagnen bei den Wunschmedien einbuchen. Das geht entweder über das Medium selbst (speziell bei Fachmedien), über Vermarkter (z.B. iq digital), über Anbieter von Programmatic Advertising – und über Google Ads.
- Google-Kampagnen (u.a. Performance Max): Damit „verfolgst“ du deine Zielgruppen quer durch das Internet, also auch da, wo Native Advertising nichts bringt. Beispiel: Werbung auf YouTube oder in Apps.
- Advertorials kaufen: Es gibt Anbieter, die Advertorials auf großen Newsseiten vermarkten. Besonders gut scheint das Geschäft jedoch nicht zu laufen, da sogar ich auf dem Radar der Kaltakquisiteure bin – und ich bin eigentlich ein Wettbewerber dieser Anbieter. Nunja, Backlinks bekommt man in jedem Fall. Wenn es blöd läuft, klaut dir das SEO-optimierte Advertorial auf einer Top-News-Seite Traffic für deine eigene Seite. Ist ein zweischneidige Schwert.
Die Native-Advertising-Erfolgsfaktoren
- Werbenetzwerk: Das Inventar an guten Publishern und Werbeflächen muss zur eigenen Zielgruppe passen.
- Targeting: Wie kann die eigene Zielgruppe erreicht werden bzw. wie werden Werbeschaltungen von den Adservern für die Zielgruppen ausgelöst? Bei manchen Anbietern läuft das nach Themen (What’s related) oder nach Profiling. Welches System für das eigene Online-Marketing-Projekt besser funktioniert, weiß man vorher nicht. Also: Testen und optimieren.
- Den Funnel verstehen: Je nach Werbenetzwerk und Botschaft erreicht man die Zielgruppen zu verschiedenen Zeitpunkten im Kaufentscheidungsprozess. Die Botschaften müssen also angepasst werden (der Sonderfall Retargeting ist ein eigenes Thema)
- Kreative Ads: Das ist der wichtigste Teil. Essentiell ist ein professioneller Werbetexter, der eine Vielzahl von feinjustierten Botschaften texten und laufend optimieren kann, die bei den richtigen Interessenten den richtigen Impuls auslösen. Auch dann, wenn man nur 30 Zeichen Platz hat. Story und Storytelling müssen top sein. Ein MVP ist schnell erstellt, um erste Annahmen zu validieren.
- Überzeugende Landing-Pages: Der Klick auf die Anzeige kam zustande, jetzt ist der User auf der Landingpage oder der Produktseite. Hier entscheidet sich, wie hoch oder niedrig der Cost per Sale bzw. Cost per Lead wird. Kern einer guten Landing Page ist natürlich – neben Fotos, Videos, Konfigurationstools etc. – herausragend guter Werbetext.
Tipp: Hart suchmaschinenoptimierte Landingpages funktionieren nicht unbedingt als Native Advertising Landing Pages. Besser zweigleisig fahren. Organisch / Inbound hat eigene Spielregeln. - Erwartungen managen: Du kannst mit Clickbait sehr schnell und sehr viele Klicks generieren. Aber wenn die Landingpage langweilig ist (oder das Produkt oder die Dienstleistung), wirst du daraus kaum Kontakte oder Verkäufe generieren. Deshalb ist es ratsam, dass in den Native Ads schon deutlich gemacht wird, welche Handlung der User nach dem Klick machen soll, beispielsweise eine Bestellung oder das Hinterlassen von Kontaktdaten. Preisangaben helfen (oder auch nicht, das muss man, genau, für jede Kampagne einzeln testen).
- Erfolgskontrolle: Was kostet ein Sale pro Kampagne und Kanal? Oder wie hochwertig ist ein Lead? Das sollte man laufend ausrechnen und bewerten. Wenn du nicht für jeden Anbieter Tracking-Pixel installieren wollen und du sowieso nur Leads generieren wollen, ist HubSpot eine gute Wahl, um manuell die Kampagnenperformance auszuwerten.
Native-Advertising-Fallen: Es ist kein Wundermittel
- Native Advertising läuft teils in absolut schrottigem Umfeld: Will man in einem Umfeld werben, in dem teils Glücksritter mit übelstem Clickbait hochgradig unseriöse Waren anbieten? Das kann der Marke abträglich sein.
- Native Advertising kann rausgeworfenes Geld sein: Ein teures Online-Advertorial bringt vielleicht einfach nicht die gewünschten Erfolge, obwohl man eigentlich alles richtig gemacht hat. Auch ist es denkbar, dass es NA-Plattformen gibt, die zwar viele Klicks berechnen, von denen aber vielleicht nicht alle Klicks auf der eigenen Landing Page ankommen… da sollte man schon ziemlich genau monitoren, für was man eigentlich bezahlt.
- Native Advertising ersetzt nicht die Kommunikation mit Fans / Freunden / Kunden auf Social Media über z.B. Influencer
- Native Advertising ersetzt nicht Search Advertising: Bei SEM targetetest du Leute, die einigermaßen genau wissen, was sie wollen und im Funnel näher an einem Abschluss stehen. (Wenn du ein Produkt oder eine Dienstleistung hast, die so neu oder ungewöhnlich ist, dass kaum danach in Suchmaschinen gesucht wird, sieht die Sache natürlich anders aus). Es kann durchaus sein, dass du mit SEM billiger an deine Ziele kommst. Aber mit SEM erreicht man nicht alle Zielgruppen. Letztlich brauchst du einen Mediamix. Aber das war schon immer so.
- Native Advertising ersetzt nicht Image-Kommunikation: Mit „Verlagssonderveröffentlichungen“ kann man Marken nicht wahnsinnig gut aufbauen oder stärken – es fehlt ja auch Vieles, was zum Branding dazugehört, wie Typographie. In der Markenentwicklung kann man solche Sonderfälle direkt mitdenken. Ein starker Foto- oder Videostil kann ratsam sein.
- Die Publisher – also die Newsseiten – haben den Markt so langsam verstanden und haben immer weniger Lust, Werbeplätze für Affiliate-Marketer bereit zu stellen. Warum? Content schreiben, das können die Newsanbieter. Deswegen werden seitens der News-Websites immer mehr Unterangebote wie „Shoppingwelten“ oder „Themenwelten“ geschaffen, die dann voll mit Ratgeber-Artikeln sind, die voll mit Affiliate-Links sind (u.a. zu Amazon, oder mit der Einbettung von Preisvergleichsseiten wie Heise Compaliate, wo ja auch Provisionen drin sind).
Geht Native Advertising auch im B2B-Marketing? Auf jeden Fall!
Im Grunde sind Ads bei LinkedIn ja auch schon eine Art Native Advertising. Das Targeting ist sehr gut, die Konversionen in Leads können sehr erfreulich sein. Allerdings sind die Klicks verrückt teuer.
Mit sauberen Werbemotiven, die den Funnel transparent machen, kannst du dir hochwertige Leads für ca. 20 bis 500 Euro holen.
Um bei teuren CPC-Preisen die Lead-Kosten im Zaum zu halten sind viel Gehirnschmalz und laufende Optimierungen nötig. Am Anfang wirst du Lehrgeld bezahlen. Garantiert. Ach so, und man muss den Zielgruppen etwas Interessantes anbieten. „Hier, unsere neue Website, Klicke mal drauf“ – kann man machen, aber was soll das bringen? Entweder du hast ein konkretes Produkt oder ein Meta-Produkt, wie z.B. ein Whitepaper (ich werde manchmal auch als Whitepaper-Texter engagiert).
Native Ads: CPC oder CPM?
Cost per Mille (CPM), also die Bezahlart „Preis pro 1.000 Anzeigen-Views“ ist bei Native Ads in der Regel nicht empfehlenswert. Denn du müsstest versuchen, den Cost per Click (CPC) zu schlagen, den die Werbeplattform anbietet. Ob allerdings die Clicks, die Ihnen in Rechnung gestellt werden, auch tatsächlich auf Ihrer Landingpage ankommen – nun, das sollte man genau tracken.
Automatische „KI“-Systeme zur Kostenoptimierung (u.a. Google Performance Max, oder auch bei TikTok verfügbar) sind einen Test wert. Teils sind diese aber schlechter als manuelles Feintuning.
Fazit
Native Advertising ist ein wichtiger Baustein im Mediamix. Ob und wie sinnvoll Native Ads sind, musst du für jede Kampagne neu testen. Dazu zählen auch laufende Nachoptimierungen z.B. bei Bild, Text, Call to action, Angebot, Landing Page, Gebot, Publisher etc. Trotzdem kann SEM immer noch besser performen. Oder ganz andere Werbeformen. Werbung ist und bleibt kompliziert. Aber das ist ja irgendwie schön.
Über den Autor
Stefan Golling, Köln. Seit 2011 Freelance Creative Director, freier Texter, Creative Consultant und Online-Marketing-Berater mit Kunden von Mittelstand bis S&P 500. Erfahrung: 1998 mit Radiowerbung in Stuttgart gestartet, 2000 als Junior-Werbetexter zu Publicis München, 2001 Counterpart Köln, 2002 als Copywriter zu Red Cell Düsseldorf (heißt heute Scholz & Friends), dort ab 2007 Creative Director.
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