Integrierte Kommunikation: Definition und 4 Regeln

Integrierte Kommunikation: Durchgängig klar kommunizieren in einer Welt mit heftigem Wettbewern. Im Bild: eine nächtliche Straßenszene mit viel Leuchtreklame.
Inhalt

Integrierte Kommunikation hört sich gut an, ist aber immer auch ein bisschen Wischi-Waschi. Schauen wir uns mal anhand von Praxis-Beispielen an, was man so machen kann.

Was ist integrierte Kommunikation: Bedeutung bzw. Definition

Die Bedeutung bzw. Definition von „integrierte Kommunikation“ ist wie bei vielen Fachbegriffen vielschichtig. Im gängigen Wirtschaftsdeutsch ist damit im Marketing gemeint, dass die komplette Unternehmenskommunikation (extern und intern) aus einem Guss ist, von der Konzeption über die Botschaften und Kanäle bis zum Management – inklusive Timing.

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Über den Autor

Stefan Golling, Köln. Seit 2011 Freelance Creative Director, freier Texter, Creative Consultant und Online-Marketing-Berater mit Kunden von Mittelstand bis S&P 500. Erfahrung: 1998 mit Radiowerbung in Stuttgart gestartet, 2000 als Junior-Werbetexter zu Publicis München, 2001 Counterpart Köln, 2002 als Copywriter zu Red Cell Düsseldorf (heißt heute Scholz & Friends), dort ab 2007 Creative Director.

Integrierte Kommunikation nach Plan statt Wildwuchs

Die große Chance von integrierter Kommunikation ist, dass einzelne Abteilungen oder Länder einer großen Vision / Mission / Leitlinie folgen, anstatt sich in unorganisiertem Wildwuchs zu verzetteln.

Das größte Risiko ist, dass Planbarkeit vorausgesetzt wird, wo keine Planbarkeit möglich ist.

Darum macht man integrierte Kommunikation

3.000 bis 13.000 Werbebotschaften prasseln täglich auf einen ein, angeblich (wobei das eine Urban Legend sein könnte und es am Ende „nur“ 500 Werbebotschaften sind). Ist auch egal, trotzdem muss man sich mit seinen Botschaften durchsetzen. Wenn man es schafft, in diesen 500 Botschaften mit (utopischen hoch angesetzten) 50 Stück präsent zu sein, ist es schlau, dass diese Botschaften alle auf die Hauptbotschaft, die Marke / das Produkt passen.

Wenn das alles Kraut & Rüben ist, ist es Essig mit Werbeerinnerung und der sich gegenseitig verstärkenden Wirkung des einzelnen Werbekontakts. Wenn die Touchpoints sogar mehrere Tage auseinanderliegen, ist es noch wichtiger, dass die Kommunikation integriert ist.

Negativbeispiel: Desintegrierte Kommunikation

In Konzernen gibt es manchmal einen Battle zwischen dem Marketing der Zentrale – große TV-Kampagnen und so – und zwischen den Landesgesellschaften, die beim Verfehlen der Absatzziele rund gemacht werden.

Eine Schokoladenmarke fiel mir hier auf. Den „Brand“-Werbespot im Fernsehen habe ich locker 100 mal gesehen, der Werbedruck bzw. die GRP sind enorm. Die Botschaft: Das ist eine Feelgood-Marke. Beworben wurde das Signature-Produkt, aber keine Sorten oder sowas. Und was siehst du, wenn du auf Website der Marke gehst? Ultrakrasse Verkaufsförderung, nämlich ein Gewinnspiel im Sportumfeld. Die ATL-Welt (TV-Spot) hat NULL Verbindung zur Brand-Activation-Ebene. Und Social? Auf Insta findet man typischen Querbeet-Social-Media-Content. Hat alles nix miteinander zu tun. Ich bewerte das jetzt nicht, weil ich die Ziele und Erfolge der Marke nicht kenne, aber in jedem Fall zerfasert die Marke.

Integrierte Kommunikation: Ausprägungen und Grenzen

Integrierte Kommunikation auf Konzernebene

In einem Weltkonzern mit Dutzenden Niederlassungen kann man zentralisiert in der Konzernzentrale den einzelnen Ländern (und also auch dem Heimatmarkt) enge Daumenschrauben anlegen. Das wird auch gern gemacht. Neben dem Corporate Design werden dann von oben Kampagnen und Styleguides festgelegt, an die sich alle halten müssen. Manchmal werden sogar Sprach-Styleguides erstellt… deren Umsetzung in verschiedenen Sprachen dann nicht unbedingt funktionieren.

Vorteile: Konsistenter Look weltweit, sieht in Reportings für den Vorstand super aus.

Nachteile: One Size fits All passt nicht für alle Länder. Lokale Geschmäcker und Markenstärke und Positionierungen und Marktumfelder werden entweder nicht berücksichtigt oder alle in einen Topf geworfen. Lokale Initiativen werden gelähmt.

Komplexes Beispiel: Im Online-Autoersatzteilhandel, oder auch in anderen Branchen, gibt es eine starke Marktkonzentration, die den Kunden nicht aufs Brot geschmiert werden soll. Ein einziger Großanbieter tritt dort unter geschätzt einem Dutzend verschiedener Marken auf, jeweils mit eigenen Shops. Hier wird also eine Multi-Marken-Strategie gefahren. Die Marken wirken eigenständig und machen sich gegenseitig mit exakt den selben Produkten zu weitgehend gleichen Preisen direkte Konkurrenz – damit es niemand anders tut.

In solchen Fällen wird die Kommunikation integriert und desintegriert: Man achtet darauf, dass die einzelnen Marken stringent gefährt werden, und gleichzeitig sollen sie keine Zusammengehörigkeit zu einem Konzern vermitteln.

Die Herausforderung ist hierbei, dass man laufend schauen muss, dass jede Marke für sich genommen sauber präsentiert wird, und dass sie nicht zu stark mit anderen Marken im Konzern überschneidet.

In der Konsumgüterbranche ist das teils ähnlich: Konzern 1 hat Waschmittel A und Waschmittel B. Durch intelligente Markenführung und auch durch das Pricing wird sichergestellt, dass sich A und B nicht in die Quere kommen.

Uneinheitlich ist, ob die Konzern-Dachmarke als Verstärker genutzt wird (z.B. „Waschmittel B – Qualität von Konzern 1“). Bei Multi-Marken-Strategien hat man zudem den Vorteil, dass man in jedem Land die lokal passende Marke in den Vordergrund stellen kann – beispielsweise die Value-for-Money-Marke – und diese Marke dann dennoch zentral einheitlich führen kann. So wird es dann möglich, Werbemittel global einheitlich zu entwickeln, obwohl die Zielmärkte sich stark unterscheiden.

Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung: Was ich gern mache, ist das Suchmaschinen-Suchverhalten der möglichen Nutzer und Kunden in den Ziel-Ländern zu analysieren. Welche Begriffe nutzen die Menschen in den Ländern, um Produkte und Dienstleistungen zu finden? Mit dem SEO-Tool SEMrush (der Free-Tarif ist tatsächlich nutzbar, wenngleich auch stark eingeschränkt) kann man das alles selbst nachsehen, und zwar in dem man einfach die eigenen Websites und die der (lokalen) Wettbewerber durchanalysieren lässt. In jedem Fall erhält man spannende Insights in Märkte, in denen man sich teilweise wenig auskennt.

Integrierte Kommunikation auf Kampagnenebene

Der Gedanke der integrierten Kommunikation im Sinne von Einheitlichkeit ist verlockend: Man hat eine Kampagne, die in allen Kanälen die Leute mit dem selben Look und mit ähnlichen Botschaften abholt. Alles wurde vorher sauber durchgeplant. Das sieht in Präsentationen MEGA aus, riecht nach Quick Win, das ist ein Plan zum durchstarten. Haarklein ist alles im Vorfeld konzeptiert, getextet, gestaltet, gedreht, programmiert, orchestriert:

  • TV-Spot
  • Adaptionen des Spots für Social
  • Instagram-Stories
  • PR-Kampagne / Influencer
  • Sales-Material / Collateral
  • Website / Konfigurator
  • Interne Kommunikation
  • CRM & Leadgenerierung
  • und und und

Vieles davon ist absolut notwendig, denn gerade bei einem Produktlaunch gibt es nun mal ein fixes Launch-Datum, an dem Bestellungen und Verkäufe losgehen MÜSSEN, schließlich hängt bei den meisten Produkten und Dienstleistungen eine globale Lieferkette dahinter.

Außerdem MÜSSEN manche Werbemaßnahmen mit Vorlauf reserviert, gebucht und bespielt werden. Einen TV-Spot dreht man nicht über Nacht. Alles was gedruckt wird, muss erstmal gedruckt werden. POS-Deko muss jemand landesweit oder weltweit zu einem Stichtag drucken / platzieren / kleben, und komplexe Web-Projekte benötigen auch massig Vorlauf.

Vorteile: Die komplette Planung von Maßnahmen, Budgets und Kampagnenelementen sorgt dafür, dass man an alles denkt. Früher nannte man sowas auch gern 360-Grad-Kommunikation, heute hat sich „integrated“ durchgesetzt, da alle Maßnahmen aufeinander einzahlen (sollen) – statt nebeneinander her zu arbeiten.

Nachteile: Detaillierte Pläne gehen nicht immer auf. Der Markt springt vielleicht nicht auf die Kommunikation an. Die Gründe sind vielfältig, oft hakt es am Produkt, manchmal ist es Kommunikation, aber nach dem Launch läuft die Kommunikationsmaschine einfach los und ist nicht mehr zu stoppen.

4 Regeln, um integrierte Kommunikation erfolgreicher machen

Integrierte Kommunikation wird besser, wenn man laufend Raum für Verbesserungen lässt.

Die wirksamsten Verbesserungen sollte man schon vor dem Launch machen. Wie das geht? Mit agilen Methoden und MVPs.

Regel 1: Testen

Man kann (und sollte) Kommunikation testen.

  • Pre-Test mit handverlesenen Probanden in frühen Entwicklungsphasen (z.B. intern). Früher hat der allmächtige Chef die Ideen seiner Gattin vorgelegt, und wenn die es nicht gemocht hat, wurde alles umgeworfen. Das kann man heute besser auf mehrere Schultern bzw. Augen verteilen. Gute KI-Bildgenerierung hilft bei der schnellen Visualisierung (schlechte KI-Bilder schaden, da sich Laien auf Bildfehler versteifen).
  • A/B-Test mit Online-Werbung (z.B. Google Display oder Video Kampagne plus ein bisschen Instragram plus Landing Page). Im Online-Marketing sind alle schnell, erst recht dein Wettbewerb. Nutze also agiles Projektmanagement, auch beim Storytelling.
    Ein vollautomatisiertes Test-Tool sind beispielsweise Performance-Max-Werbe-Kampagnen bei Google. Ja, nicht wenige Leute haben mit dieser Kampagnenart Geld verbrannt. Aber: Du kannst
    a) mehrere Headlines,
    b) mehrere Bilder und
    c) mehrere Videos nutzuen.
    Die Kampagne läuft in Search, Display und YouTube. Anhand von echten Nutzerinteraktionen weißt du nach rund 2 Wochen, welche Assets (in welcher Kombination) besonders gut beim Publikum ankommen – Conversion-Tracking ist allerdings extrem empfehlenswert.
    Bei Videos kannst du auch verschiedene Super oder Call to actions gegeneinander antreten lassen. Im Google-Ads-Video-Tool hast du die Möglichkeit, Bauchbindentexte o.ä. als A/B-Varianten anzulegen.
    Tipp: Budget eingrenzen und die eigene Marke als Such-Ausschluss anlegen.
  • Testmarkt: Kampagne in einem begrenzten Gebiet starten (z.B. Produkt erstmal Stammkunden anbieten, u.a. via Newsletter)
  • Testland: In einem „unwichtigen“ Land zuerst starten

Regel 2: Optimieren oder wegwerfen

Das Ziel von Tests ist es, Wissen zu schaffen. Dieses Wissen sollte man dann auch vorurteilsfrei nutzen. Zum Beispiel, in dem man seine integrierte Kommunikation auf den Prüfstand stellt, Maßnahmen nachjustiert und auch schon mal komplette Ansätze im laufenden Betrieb wegwirft, wenn die Performance nicht stimmt. Fehler sind nicht schlimm, man sollte aber den Mut haben, daraus zu lernen, anstatt mit wehenden Fahnen heroisch unterzugehen.

Regel 3: Harte KPIs

In jeder Art von Marketing gibt es KPIs, mit denen man Wirksamkeit vorgaukeln kann. Ich sehe das aus unternehmerischer Sicht anders: Kommunikation ist nur dann erfolgreich, wenn die Kasse stimmt. Also wenn Rein- und Rausverkäufe stimmen. Denn nur wenn die Konsumenten (bzw. B2B-Kunden) bereit sind, für eine Idee oder ein Produkt Geld auszugeben, ist das Produkt (bzw. das Marketing dazu) erfolgreich. Was interessiert mich im Online Marketing eine hohe CTR oder Social Shares ohne Ende, wenn die Leute am Ende nicht kaufen o.ä.?

Regel 4: Nicht alles planen

Es ist völlig OK, in einen Marketingplan oder eine Marketingstrategie an ein paar Stellen reinzuschreiben: „tbd“. Man kann nicht alles planen. Erst wenn man im ersten Flight steckt und die ersten Reportings eintrudeln, kann man seriös planen, wie es weitergeht. Social Listening ist auch nicht ganz unwichtig, um Feedback einzuholen und einzupflegen.

Fazit

Integrierte Kommunikation ist weder Wunder- noch Allheilmittel im Marketing. Man sollte sie reflektiert anwenden, Annahmen immer wieder hinterfragen und stets flexibel bleiben.

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